Als vor zwei Jahren das erste Mal anstand, für das Frühjahr eine Gegend zu suchen, in der man Kilometer abreißen kann, war mir noch egal, ob wir nun mit Tausend anderen Radsportlern nach Malle gehen und uns der Halbpension hingeben. Hauptsache Fahren.

M. hat glücklicherweise stets den Anspruch, das Nützliche mit dem Schönen und kulturell wie kulinarisch Erfüllenden zu verbinden. Zu Sizilien musste er mich nicht lange überreden. Das klang für mich schon immer wie das etwas wildere Italien und nach dem Duft von Zitronenbäumen, Salzwasser und Pecorino.

Und weil M. tägliches Fahren von einem festen Punkt aus langweilig findet, entschieden wir uns für eine Rundfahrt von Catania aus einmal um den Ätna. Das war so schön und ereignisreich, dass wir es in diesem Jahr gleich nochmal wiederholten.

Da die Seiten zu den Touren immer mal wieder aufgerufen werden, hier auf einen Blick und vielleicht passend zur bevorstehenden Planung noch ein paar praktische Erfahrungen, die wir unterwegs gesammelt haben. Ich halte die Insel trotz erlebten Wintereinbruchs für eine hervorragende Alternative!

Die Strecken auf Komoot: 2015 (480 km, 7.100 hm), 2016 (360 km, 5.600 hm) und 2019 mit unfreiwilliem Abbruch (345 km, 5.900 hm). Oder alle auf einen Blick in einer Komoot Collection.
M. hat auch darüber berichtet.

Straßen
Vor allem im Hinterland waren die Straßen nicht immer die Besten. Rauer und rissiger Asphalt, schlecht ausgebessert, schlecht befestigt. Vor allem aber waren für uns völlig unabsehbar gern mal irgendwelche Wegabschnitte komplett gesperrt und die Umleitungen nicht gut ausgeschildert. Es empfiehlt sich, etwas Puffer für Umwege bzw. ein reduziertes Tempo einzuplanen.

Navigation
Neben den spontanen Wegsperrungen gab es auch in einsamen Gegenden immer wieder unbeschilderte Straßengabelungen und auch sonst in der zerklüfteten Landschaft wenig Anhaltspunkte, welche Richtung die korrekte ist. An den durchweg verlassenen Baustellen haben wir nie auch nur einen Menschen gesehen, den wir hätten fragen können. Wenn man nicht gerade an der Küste entlang fährt, welche den Weg ja einigermaßen vorgibt, würde ich auf eine erprobte ausfallsichere Navigationshilfe nicht verzichten wollen.

Klima
Man unterschätze nicht die Höhenmeter und die damit einhergehenden Temperaturunterschiede (und was man daher an warmer Kleidung einpacken sollte!). Der Ätna erreicht immerhin 3.300 Meter über dem Meeresspiegel, da man „nur“ auf eine kleine Insel fährt, mag man das nicht im Kopf haben. Wir kamen gar nicht weit über 1.000 Meter hinaus; dort lag dann Schnee, während wir eine Stunde später unten an der Küste wieder in kurzen Sachen unterwegs waren. Auf der Höhe geht zudem gern ein heftiger Wind.

Übernachtung
Ohne die Adresse genau zu kennen, hätten wir uns mitunter schwer getan, die Unterkünfte in den verwinkelten Sträßchen überhaupt zu finden. Gerade kleinere B&Bs waren wenig ausgeschildert. Sprich: Ich war froh, dass wir wussten, wo wir hin mussten, bzw. vorgebucht hatten, die Suche vor Ort hätte ich nach einem langen Tag auf dem Rad mühsam gefunden.

Unsere besten Unterkünfte, alle irgendwas zwischen 50 und 100 Euro für ein Doppelzimmer pro Nacht (außer Taormina, dort war es teurer):

Enna: Antica Dimora (http://anticadimoraenna.blogspot.de/)
Ein unglaublich herzlicher Empfang, eine luxuriöse Unterkunft, und am nächsten Morgen bog sich der Tisch unter dem Frühstücksangebot. Besser geht es nicht.

Agira: Case al Borgo-Agira (http://www.casealborgo.it/)
Hat gewonnen für einen unglaublichen Blick über die auslaufenden Nebrodischen Berge. Auch hier ein sehr netter, bemühter Empfang.

Cefalu: Agrodolce B&B (http://www.agrodolcebb.it/en/index.html)
Ein sehr frisches Bed & Breakfast mit liebevollem Frühstücksangebot. Ich sehe uns noch die Räder die engen Stiegen hinauf tragen, knapp an den frisch gestrichenen Wänden entlang. Die Besitzerin blieb cool.

Taormina: Hotel Villa Paradiso (http://www.hotelvillaparadisotaormina.com/)
Unsere schlammverkrusteten Räder fanden Platz im Keller, Frühstück gab es im sechsten Stock mit herrlichem Blick auf den Ätna und runter zum türkisblauen Meer.

Randazzo: Air tre parchi Bed & Bike (http://www.aitreparchibb.it/de/index.html)
Von der Unterkunft her nichts Besonderes, aber ein herzlicher Empfang mit warmen Tee und eine heiße Dusche – nach einer Fahrt durch Regen und Schnee eine kleine Offenbarung.

Radverleih
Wir haben beide Maile bei rentbike.it geliehen, die bringen die Räder direkt zum Flughafen. Das hat sehr gut geklappt – wir zahlten, schraubten unsere mitgebrachten Pedale an und los ging’s. Der mehrmals bemühte Radverleih rentbike.it existiert leider nicht mehr. Der Mann war zuletzt 2022 allein dort und hat ein Rad bei Cycling Sicily geliehen. Das konnte er in Giardini Naxos abholen, etwas nördlich von Catania gelegen und mit dem Bus zu erreichen.
Ich gebe inzwischen bei der Bestellung nicht nur Körpergröße, sondern auch Sitzhöhe an. Als kleine Person kam es bei mir schon vor, dass bei einem eigentlich passenden Rad die Sattelstütze zu lang war, um den Sattel tief genug zu stellen. So können die das vorher regeln.

Beste Region
Wir sind zweimal (Update: inzwischen dreimal) auf verschiedenen Strecken rund um den Ätna gefahren, was von Landschaft und Anspruch an die Strecke her absolut ergiebig war. Den Süden mit Syrakus, Noto, Ragusa und Agrigent haben wir uns aus dem Auto heraus angesehen. Kulturell hat diese Gegend sicher mehr zu bieten, aber die Wege fand ich zum Radfahren zu flach, zu gerade, zu langweilig. Der Nordwesten mit Palermo steht für uns zur Erkundung noch aus.

Allerdings haben wir uns vorgenommen, im nächsten Jahr etwas anderes zu versuchen. Sardinien, Korsika und Portugal stehen derzeit zur Diskussion. Mal sehen, was es wird. Und was sonst noch so kommt!